Vom Katastrophenschutzplan zum Katastrophenschutzbedarfsplan

Gefahrenabwehrberatung

Wieso bringt es nichts mit Szenarien zu planen? Warum sollte man in Ruhe die alten verstaubten Ordner doch noch einmal durchblättern? Weshalb ist Agilität besser als Reaktivität?

Wer kennt sie nicht: Die verstaubten Ordner von früher. Hatten wir doch die alte Krisenangst nebst Ordnern eingemottet. Dachten wir.
Bunker wurden zurückgebaut. Das Sachgebiet Katastrophenschutz wurde in den meisten Behörden auf das Verwalten von Bundes- und Landesfahrzeugen zurückgestutzt. Manchmal wurde noch mit dem Krisenstab geübt. Seltener noch die Zusammenarbeit mit den Stäben auf kommunaler Ebene, z. B. mit dem SAE.

Leider ist es mit dem Risikobewusstsein häufig so, dass dieses erst durch Schäden geschärft wird. Starkregen und das Starkregenmanagement gab es schon vor Ahrweiler. Notbevorratung gab es schon vor der Ukraine. Der Landkreis Ahrweiler und das verheerende Ereignis im Sommer 2021 sowie der Krieg in der Ukraine werden häufig als Begriffszäsur genutzt. Vergleichbar mit dem „11. September“, „Eschede“ oder „Breitscheidplatz“. Nun muss gehandelt werden.
Die Folge ist dann meist die Frage von oben nach unten: Wie steht es um unsere Katastrophenschutzplanungen? Danach folgt reaktives Handeln. Die Pläne sollen angepasst werden; natürlich möglichst schnell. Es geht um Maßnahmenpakete und folgend klassisch Beschaffungen. Weniger um Besonnenheit und Ingenieurmethodik.

Wichtiger ist aber ein konsolidierter Planungsprozess. Ähnlich der Brandschutz- und Rettungsdienstbedarfsplanung. Wir müssen also weg vom klassischen sowie trägen Plan. Wir müssen weg von Planungsszenarien oder Checklisten. Denn für eine wirkliche Krise oder Katastrophe gilt: Diese kann ich nicht vorbereiten. Ich muss Werkzeuge und Methoden vorhalten, um jede Krise bewältigen zu können.

Geschrieben von:

Ing. Benedikt Weber, M.Sc.
Beratender Ingenieur IK Bau NRW und Gründungspartner

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Für eine Krise oder Katastrophe brauche ich keine Checkliste oder vorbereitete Szenarienkataloge. Ich brauche Werkzeuge und Methodenbaukästen.

Daher müssen wir hin zu strategischen Schutzzielen, einer Risikoanalyse und Matrix der Gefahren. Darauf bauen eine IST-Analyse und eine SOLL-Konzeption auf, gefolgt von einem Maßnahmenplan mit Roadmap.

Was jedoch das Wichtigste zum Abschluss ist:
Es muss einen politischen Willensbildungsprozess geben. Jeder Kreistag und jede kreisfreie Stadt sollte einen Katastrophenschutzbedarfsplan verabschieden mit konkreten und messbaren Schutzzielen, mit einem Maßnahmenpaket für Personal, Gerät, Infrastruktur und einer Vorgabe für die Schulung der eigenen Verwaltung.

Dafür brauchen wir auch keine neuen Gesetze, keine neuen Erlasse.
Es gilt somit lediglich das Projekt agile Katastrophenschutzbedarfsplanung anzugehen.

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