Der Rettungsdienst steht vor enormen Herausforderungen: steigende Einsatzzahlen, wachsende Personalnot und begrenzte Ressourcen. Technologien der Künstlichen Intelligenz (KI) bieten hier vielversprechende Lösungen. Durch datenbasierte Optimierungen sollen Reaktionszeiten verbessert, Einsatzmittel effizienter verteilt und die Versorgungsqualität erhöht werden. Besonders Modelle wie DeepSeek versprechen, durch hochentwickelte maschinelle Lernverfahren tiefere Einblicke in Einsatzmuster zu liefern und die Disposition zu optimieren.
Doch gibt es auch eine Kehrseite? Das sogenannte Jevons-Paradoxon besagt, dass Effizienzsteigerungen oft nicht zur Einsparung von Ressourcen führen, sondern paradoxerweise deren Nutzung erhöhen. Welche Folgen hat das für den Rettungsdienst? Wird er tatsächlich entlastet oder führen KI-gestützte Effizienzgewinne lediglich zu einer höheren Inanspruchnahme?
Die Rolle von Künstlicher Intelligenz im Rettungsdienst
KI wird bereits in verschiedenen Bereichen des Gesundheitswesens erfolgreich eingesetzt. In der Notfallmedizin kann sie insbesondere in folgenden Feldern einen Beitrag leisten:
- 1️⃣ Einsatzplanung und Prognosen: Durch die Analyse von Einsatzdaten kann KI vorhersehen, wann und wo Notfälle häufig auftreten, sodass Rettungsmittel strategisch besser verteilt werden können.
- 2️⃣ Entscheidungsunterstützung: Algorithmen können Notrufdaten analysieren und den Disponenten helfen, die richtige Dispositionsentscheidung zu treffen.
- 3️⃣ Optimierung der Patientenversorgung: KI kann vor Ort durch Entscheidungshilfen und Mustererkennung die Versorgung verbessern, indem sie Notfallsanitäter unterstützt.
- 4️⃣ Dynamische Ressourcensteuerung: Durch Echtzeitdaten können Einsatzmittel effizienter verteilt werden.
DeepSeek als Beispiel
DeepSeek ist ein fortschrittliches KI-Modell, das in verschiedenen Anwendungsbereichen der Datenanalyse und Entscheidungsfindung eingesetzt wird. Im Rettungsdienst könnte es genutzt werden, um Einsätze zu prognostizieren, Abläufe zu optimieren und Disponenten zu unterstützen. Durch maschinelles Lernen könnte es aus vergangenen Einsätzen lernen und so die Notrufannahme verbessern.
Die Theorie besagt, dass dies zu einer besseren Steuerung der Einsätze und einer effizienteren Nutzung von Ressourcen führt. Doch ist das die ganze Wahrheit?
Das Jevons-Paradoxon im Kontext des Rettungsdienstes
Das Jevons-Paradoxon beschreibt ein wirtschaftliches Phänomen, bei dem Effizienzsteigerungen nicht zu einer Reduzierung des Ressourcenverbrauchs führen, sondern im Gegenteil dessen Nutzung erhöhen. Ursprünglich wurde dies im Kontext der Kohlenutzung im 19. Jahrhundert beobachtet: Effizientere Dampfmaschinen führten nicht zu weniger, sondern zu mehr Kohleverbrauch, weil sie wirtschaftlich attraktiver wurden.
Übertragen auf den Rettungsdienst bedeutet dies:
- Durch KI-gestützte Verbesserungen werden Notfallsanitäter effizienter und verfügbarer.
- Schnellere und präzisere Einsätze könnten dazu führen, dass die Hemmschwelle zur Nutzung des Rettungsdienstes noch weiter sinkt.
- Mehr Menschen könnten den Rettungsdienst in Anspruch nehmen, weil er einfacher und schneller verfügbar ist.
- Statt einer Entlastung könnte eine noch stärkere Beanspruchung der Ressourcen entstehen.
Spezialisierung der Notfallsanitäter: Fluch oder Segen?
Parallel zur technologischen Entwicklung hat sich auch die Qualifikation von Notfallsanitätern stark verbessert. Sie sind inzwischen in der Lage, viele medizinische Maßnahmen durchzuführen, die früher Ärzten vorbehalten waren. Dies hat zur Folge:
- Bessere Erstversorgung: Notfallsanitäter können schneller und effizienter agieren, was die Überlebenschancen von Patienten verbessert.
- Mehr Verantwortung und Arbeitsbelastung: Durch die höhere Kompetenz werden sie jedoch auch häufiger und für komplexere Fälle eingesetzt.
- Erhöhte Erwartungshaltung: Patienten und Leitstellen setzen zunehmend auf die Fähigkeiten der Notfallsanitäter, was ihre Nutzung weiter steigert.
Hier greift erneut das Jevons-Paradoxon: Eine Effizienzsteigerung führt nicht zu einer Entlastung, sondern zu einer höheren Nachfrage.
Kritische Betrachtung: Kann KI wirklich entlasten?
Die Euphorie über die Möglichkeiten der KI im Rettungsdienst ist berechtigt, aber eine kritische Auseinandersetzung ist notwendig:
- Höhere Nachfrage durch besseren Zugang: Wenn KI die Abläufe optimiert, sinkt die Wartezeit für Patienten. Dies könnte dazu führen, dass Menschen den Rettungsdienst verstärkt nutzen, auch für weniger kritische Fälle.
- Fehlende Steuerungsmechanismen: Wer entscheidet, ob ein Notruf durch KI abgewiesen wird? Eine zu große Automatisierung könnte ethische Fragen aufwerfen.
- Unterschätzte Belastung für Einsatzkräfte: Die verbesserte Disposition bedeutet nicht automatisch weniger Belastung. Im Gegenteil, Notfallsanitäter könnten noch mehr gefordert werden.
- Abhängigkeit von Technologie: KI-Modelle sind nur so gut wie die Daten, mit denen sie trainiert wurden. Fehlerhafte oder unausgewogene Daten könnten zu Fehlentscheidungen führen.
Fazit: Ein Balanceakt zwischen Effizienz und Belastung
KI und Modelle wie DeepSeek haben das Potenzial, den Rettungsdienst erheblich zu verbessern. Sie können helfen, Ressourcen gezielter einzusetzen, Einsätze zu optimieren und Notfallsanitäter zu unterstützen. Doch das Jevons-Paradoxon zeigt, dass Effizienzsteigerungen nicht automatisch zu einer Entlastung führen. Vielmehr könnte der Rettungsdienst durch seine optimierte Arbeitsweise noch stärker beansprucht werden.
Es braucht daher eine strategische Herangehensweise:
- KI sollte nicht nur auf Effizienzsteigerung, sondern auch auf eine nachhaltige Steuerung der Einsatzzahlen ausgerichtet sein.
- Notfallsanitäter dürfen nicht durch gesteigerte Erwartungen überfordert werden.
- Strukturen müssen so angepasst werden, dass die Vorteile der KI nicht durch überhöhte Nachfrage zunichtegemacht werden.
Letztlich ist KI ein Werkzeug, das sinnvoll eingesetzt werden muss. Nur wenn Effizienz mit intelligentem Ressourcenmanagement kombiniert wird, kann eine echte Entlastung im Rettungsdienst erreicht werden.
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